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100 Tage „volle Portion Leben“ auf den Gleisen

25.03.2009

Eine Entschuldigung ist nicht messbar. Die der Eurobahn schon, sie ist 10, 5 Zentimeter hoch und 66, 5 Zentimeter lang.


So groß ist der Informationszettel, den die Eurobahn-Mitarbeiter am 101. Tag nach Betriebsbeginn gemeinsam mit einem Pflaster-Set in 5000-facher Ausführung an ihre Kunden verschenkt haben. „Entschuldigung“ ist das Papier überschrieben und versucht all die Unannehmlichkeiten zu erklären, die den vergangenen vier Monaten aufgetaucht sind.

 

Zur Erinnerung: Im äußerst kalten Winter hatten mehrere der modernen Züge Startschwierigkeiten. Beim ersten Heimspiel der Borussia hatten die Verantwortlichen schlicht und einfach die Massen der BVB-Fans überschätzt. Dann waren Türen kaputt und manch ein Trittbrett ließ sich nicht ausfahren.

 

Außerdem beklagten sich einige Kunden über dreckige Züge und die Graffitiszene hat die gelb-weißen Züge vom ersten Betriebstage an zu ihrem Hauptziel auserkoren.

 

Die Bilanz nach 100 Tagen präsentierten die Verantwortlichen aber nicht mit betretener Miene. Denn eigentlich ist einiges viel besser geworden, sagt Thomas Ressel vom Zweckverband Ruhr-Lippe (ZRL), einer von fünf Auftraggeber der Eurobahn.

 

Denn pünktlich ist die Bahn. Und das ist für Kunden das wichtigste Kriterium im öffentlichen Nahverkehr. Bei der Eurobahn sind mindestens 90 von 100 Zügen sind pünktlich.

 

Manche Züge seien sogar überpünktlich am Ziel. „Das hatten wir früher nicht, dass Züge ihre Zeit im Bahnhof abbummeln müssen“, sagt ein zufriedener Thomas Ressel. Im letzten Jahr der Deutschen Bahn im Hellwegnetz wären teilweise nur noch 70 von 100 Zügen pünktlich gewesen, etwa auf der Linie RB59, die auch in Unna hält. „Als die Deutsche Bahn noch im Hellweg-Netz fuhr, hätte ich ein Buch über Kundenbeschwerden schreiben können“, sagte Ressel gestern in Hamm. Die fast hundertprozentige Pünktlichkeit sei für die Größe und äußerst starke Auslastung des Hellwegnetzes sehr ordentlich. Die Eurobahn werde die Situation weiter beobachten und überlegen, wie sie die Fahrt ihre Sorgenkinder verbessern können. Das seien die Züge auf der Strecke Dortmund-Münster und Hamm-Bielefeld. Dort ist die Eurobahn gemeinsam mit dem Fernverkehr auf dem Gleis. In Hamm fährt wenige Minuten vor der Eurobahn ein IC los, wenige Minuten danach ein ICE. Hat der IC Verspätung, muss die Eurobahn warten, manchmal auch den ICE vorlassen. „Wenn denn dieser pünktlich ist“, sagt Ressel. Daran arbeite die Eurobahn.

 

Die Startschwierigkeiten sind beseitigt, sind sich die Verantwortlichen sicher. Das hätten sie aber gerne früher gehabt, wie der Leiter des operativen Geschäfts von Eurobahn/Keolis, Francois Muller, sagt: „Wir sind jetzt da, wo wir gerne schon nach 20, 30 Tagen gewesen wären.“ Sein Unternehmen wurde „von der vollen Portion Leben“ erwischt.

 

Für diese Portion Leben versuchte sich die Eurobahn zu entschuldigen, mit dem Erste-Hilfe-Set und dem Infoblatt. Für viele Kunden schien das gestern Früh aber unnötig gewesen zu sein, berichtet Niederlassungsleiter Dr. Stefan Bennemann.

 

Beim Verteilen hätten viele Bahnfahrer gesagt: „Entschuldigen? Wofür denn, es läuft doch!“